
Der Dezember 2025 ist ein besonderer Monat für Marko Pesic, denn am Ende des Monats gibt er – nach vierzehneinhalb Jahren im Dienst des FCBB – seine Position im operativen Bereich des Deutschen Meisters auf. Anlass genug, ein ausführliches Gespräch mit dem Baumeister und scheidenden Geschäftsführer der Bayern-Basketballer zu führen, der zudem an diesem Samstag seinen 49. Geburtstag feiert – happy Birthday, Marko!
Marko, es ist 10 Uhr vormittags, wir sitzen in einem Café. Wie viele Schritte zeigt Dein Smartphone für heute an?
Mal sehen. Heute bin ich erst bei rund 3.000 Schritten – aber für einen Morgen gar nicht so schlecht…
Wir fragen, weil Du den Ruf hast, nie im Büro zu sitzen, sondern den ganzen Tag durch den BMW Park zu laufen. Hast Du mal hochgerechnet, wie viele Kilometer Du in 15 Jahren FC Bayern so zurückgelegt hast?
(lacht) Ich schaue jetzt mal, wie viele Schritte ich zum Beispiel dieses Jahr gemacht habe. Also, im Januar: rund 520.000 Schritte – etwa 377 Kilometer. Oh, im April sind es 870.000 Schritte, und im Mai mehr als eine Million, genau 1.032.890. Im Juni und Juli etwas weniger, aber im Oktober wieder rund 477.000 Schritte. Da kommt ganz schön was zusammen.
Wird es jetzt weniger, wenn Du Deinen Rücktritt vollziehst?
Ich gehe viel spazieren, habe zwei Routen: eine vormittags, eine abends, und nutze diese Zeit, um mit Leuten zu telefonieren oder auch Sport-Podcasts zu hören – ich möchte einfach verstehen, was in der Sportwelt passiert und wie sich Sport verändert. Früher hatte ich für solche Fragen zu wenig Zeit – wenn du 24 Stunden im Job bist, bist du mit dem Heute beschäftigt, vielleicht ein bisschen mit dem Morgen, und meistens mit dem Gestern.

„Man muss Gewohnheiten brechen“
Was verändert sich durch den Rückzug?
Ein guter Freund hat mir, als ich noch ein junger Spieler bei Alba Berlin war, einen wertvollen Rat gegeben. Damals sind wir in die Max-Schmeling-Halle umgezogen – seinerzeit das Nonplusultra in Deutschland, mit Hospitality- und VIP-Bereich. Man musste mich dorthin schleifen – vor allem, wenn wir verloren hatten. Da gab er mir ein Etui und sagte, ich solle Visitenkarten sammeln, bis ich mit meiner Karriere fertig bin: „Wenn du deine Karriere beendet hast, gehst du sie durch und holst all die Gespräche nach, die dich weiterbringen.“ Ich habe das beherzigt, und auch jetzt ziehe ich immer wieder den einen oder anderen Kontakt raus.
Wie schwer fiel die Entscheidung, aufzuhören?
Manchmal ist es im Leben gut, wenn andere für dich Entscheidungen treffen - aber es ist besser, wenn du sie selbst triffst. Mir war wichtig, dass ich etwas in einem Zustand übergebe, in dem ich meiner Verantwortung gerecht geworden bin. Jeder Verein, jedes Unternehmen, aber auch jeder Mensch sollte sich von Zeit zu Zeit häuten. Man muss Gewohnheiten brechen, um neue Impulse reinzubringen. Ich fühlte mich nicht mehr so in der Lage, den Antrieb so auf die Straße zu bringen, wie es ein Geschäftsführer in meinen Augen tun muss. Eine zentrale Aufgabe ist, Energie zu geben. Aber Energie ist nicht unendlich. Besonders in Niederlagen habe ich von mir immer verlangt, die Leute abzuholen, zu schauen: Wie ist die Stimmung? Wie geht es dem Trainer? Da musst du Energiequelle sein. Und ich spürte: Ich kann das nicht mehr so, wie ich es für richtig halte. Dann muss man Lösungen finden – für sich selbst und für den Verein.
Und wie schwer fällt es, loszulassen?
Für mich ist das gar nicht so schwer. Natürlich besteht immer die Gefahr, dass die Linie zwischen „helfen“ und „sich einmischen“ sehr dünn wird – das ist eine Herausforderung. Aber ich möchte nicht diktieren. Ich will nicht derjenige sein, der sagt, wann diese Linie überschritten ist oder nicht. Das müssen andere entscheiden. Ich stehe weiter zur Verfügung, wenn man etwas von mir braucht. Aber ich werde mich nicht einmischen oder anrufen, um zu sagen: „Ich glaube, das und das läuft schief.“ Das ist nicht meine Aufgabe. Wenn ich gefragt werde, helfe ich gern – mit meiner Erfahrung, vielleicht mit einem Ratschlag. Aber aktiv eingreifen? Nein. Auch deshalb nicht, weil ich ja gar nicht mehr alles mitbekomme. Ich sehe kein Training, ich bin nicht bei jedem Management-Meeting oder beim Mittagessen im BMW Park dabei. Mir fehlen also die Informationen und auch das Gefühl für das tägliche Geschehen. Deshalb habe ich für mich entschieden: Ich bin da, wenn man mich braucht – und wenn nicht, dann bin ich eben nicht da. Ganz einfach. Ich bin da sehr unkompliziert gestrickt.
„Hoeneß verstand Stevic statt Pesic“
Adrian Sarmiento und Dragan Tarlac übernehmen zusammen als Geschäftsführer. Was zeichnet sie aus?
Adrian ist ein echtes Kind des Vereins – es gibt niemanden bei uns, der die FC Bayern Basketballer besser versteht. Im Sinne von: wie alles entstanden ist. Bei solchen Veränderungen gibt es immer zwei Wege: Entweder man sucht eine externe Lösung oder man schaut nach innen. Der FC Bayern Basketball war immer ein Verein, der von innen gewachsen ist. Wenn hier jemand gegangen ist, haben wir meist intern eine Lösung gesucht. Denn es gibt etwas, das man nur schwer kaufen kann: Identifikation und Empathie. Beides ist essenziell. Wenn du keine Empathie hast, kannst du dich nicht identifizieren – und wenn du dich nicht identifizieren kannst, ist es schwer, Verantwortung zu tragen. Nicht nur für dich selbst, sondern für das große Ganze. Deshalb war bei uns immer die Devise: Gibt es einen Praktikanten, Werkstudenten oder FSJler, das Potential für mehr hat? Dann investieren wir Zeit und Vertrauen. Ich sage das, weil unser Basketballverein eine Kultur hat, die geschützt werden muss – und genau dafür steht Adrian wie kein anderer. Er kann Dinge weiterentwickeln und seinen eigenen Weg gehen. Er muss es aber nicht so fortführen, wie ich es gemacht habe. Das wäre falsch.
Und Dragan Tarlac?
Dragan kam vergangenen Sommer neu dazu und ist ein ganz anderer Typ als ich – und auch als Adrian. Er bringt eine neue Energie und etwas Frisches mit, hat viel Kompetenz. Er war selbst Spieler, auch in der NBA, er hat als Profi die EuroLeague gewonnen und später im Managing-Stab Medaillen mit der serbischen Nationalmannschaft. Die beiden bilden zusammen ein Team, das seinen eigenen Stil finden wird. Das passiert nicht von heute auf morgen, aber sie haben großes Potenzial. Der FC Bayern Basketball wird sich frischer, neuer, sicher auch ein bisschen anders präsentieren.

Als Du damals zu Bayern kamst, wäre das Ganze fast an einer Verwechslung gescheitert.
(lacht) Ja. Der damals für Basketball zuständige Vizepräsident Bernd Rauch wollte mich unbedingt. Ich aber habe gesagt, dass ich wissen muss, ob auch Uli Hoeneß als Präsident dahintersteht. Bernd rief ihn sofort an und stellte das Telefon auf laut. Herr Hoeneß verstand aber statt Marko Pesic den Namen Micky Stevic, der damals Sportchef bei 1860 war, und rief ins Telefon, Bernd könne sich das abschminken. Das war also meine erste Begegnung mit Uli Hoeneß. Aber natürlich hat sich das noch in dem Telefonat aufgeklärt – und die Reise begann.
Wie sah es damals beim FC Bayern Basketball aus?
Wir waren fünf oder sechs Leute, alle haben im Prinzip drei Jobs gleichzeitig gemacht, von Marketing über Ticketing bis Kommunikation. Adrian war damals U19-Trainer. Als Erstes stellten wir einen Teambetreuer ein, der sich um Ausrüstung und Organisation kümmert. Dann haben wir einfach angefangen, zu machen. Die ersten adidas-Pakete standen einfach im Flur unserer provisorischen Geschäftsstelle in einer Reihe: 15 Taschen, die wir selbst gepackt haben, für die Spieler, die nach und nach unterschrieben. Der heutige BMW Park war noch eine Baustelle. Die Spieler holten ihre Taschen ab und trainierten in einer kleinen Ausweichhalle, die es heute gar nicht mehr gibt. Ich begann damals als Sportdirektor und kannte das Budget gar nicht, hatte keine Ahnung, wie hoch der Mannschaftsetat war. Vielleicht wollte man mich testen, ich war 34, keiner kannte mich wirklich, keiner wusste, ob ich nicht zum Beispiel gleich alles unbedarft der Presse erzähle. Für alle Beteiligten war das Neuland. Ich bin da total naiv rangegangen.
Wie wurde die Mannschaft aufgebaut?
Es war von Anfang an klar, dass wir einen soliden Kern deutscher Spieler brauchen würden. Ich habe außerdem Kontakt zu Jordi Bertomeu von der EuroLeague aufgenommen: „Pass auf, ich gehe zu Bayern – gibt es eine Möglichkeit, dass wir international spielen können?“ Er hat mir sofort eine Wildcard angeboten, dadurch konnten wir bessere Spieler verpflichten, weil wir eine Perspektive bieten konnten. Einen Verein, der gerade erst aufgestiegen ist, mit großem Namen, aber ohne internationale Bühne – der ist nicht für alle attraktiv.
Und Identität war von Anfang an ein Schlüsselwort.
Absolut. Ich hatte in den ersten Monaten zwei Schlüsselerlebnisse, die mich für immer geprägt haben. Ich fing damals einen Monat früher an als geplant, kannte München im Grunde nicht, meine Familie war noch in Berlin. Da klingelten Steffen Hamann und Basti Schweinsteiger. Ich dachte erst, ich sehe nicht richtig. Basti sagte: „Ich habe gehört, du bist neu hier, suchst eine Wohnung, dein Sohn wird bald eingeschult. Wir haben ein bisschen Zeit – komm, wir zeigen dir die Stadt.“ Wir waren bis in den Abend unterwegs: Glockenbachviertel, Schwabing, alles. Am nächsten Morgen bin ich aufgewacht und habe mir gedacht: „Das war echt – das war richtig echt!“ Und da wurde mir klar: Wenn ein Schweinsteiger sowas bei mir macht, darf ich mit Leuten, die neu zu uns kommen, nicht anders umgehen. Im Gegenteil – das muss das Mindeste sein. Auch von Uli Hoeneß habe ich gelernt, dass dieser Verein etwas Besonderes ist: Ein Verein, in dem man sich umeinander kümmert und den Menschen das Gefühl gibt, willkommen zu sein.

„Ich habe mich vor der Mannschaft entschuldigt“
Und das zweite Schlüsselerlebnis?
Das war das erste Bundesligaspiel der Saison 2011/12 bei den Telekom Baskets – damals wie heute eine echte Basketballstadt. Wir spielten gut, verloren aber nach Verlängerung. Und dann sah ich, wie Bonn gefeiert hat – als hätten sie die Meisterschaft gewonnen. Da wurde mir klar, warum Basti Schweinsteiger mir gesagt hatte: „Kümmere dich um deine Leute.“ Da draußen, außerhalb deines Vereins, wirst du immer benutzt werden, damit die anderen ihre eigene Geschichte schreiben können – egal, ob du ein junger Basketballklub bist oder seit 40 Jahren alles gewonnen hast: den FC Bayern will man schlagen. Für mich bedeutet das bis heute: Wenn du Erfolg haben willst, gerade bei Bayern, geht es um Qualität, aber genauso wichtig um Integrität und Atmosphäre. Wenn neue Leute dazukommen, müssen sie sich wohlfühlen. Dafür musst du ihnen zuerst etwas geben. Ich wusste: Es wird nicht leicht, zu gewinnen – weil alle gegen uns sein werden. Und ich habe verstanden: Identifikation funktioniert nicht, indem man sie verlangt – man muss die Voraussetzungen schaffen, damit sich Menschen identifizieren wollen. Egal, ob sie im Büro arbeiten, Spieler sind oder Trainer.
Es gibt eine Doku-Szene, wie Du im Mannschaftsbus zu den Spielern sagst: „Egal, was da draußen gesagt wird – wir sind ein Team. Auch wenn’s nicht läuft.“
Ich habe den Momenten, in denen alles gut lief, nie wirklich getraut. Vielleicht klingt das paranoid, aber ich war misstrauisch, wenn es zu glatt lief. Das ist anstrengend. Wenn ich mich heute analysiere, denke ich: Warum hast du die guten Zeiten nicht mehr genossen? Aber meine Motivation kam immer aus den schwierigen Momenten. Wenn etwas nicht lief, wollte ich eine Lösung finden. Da habe ich mich lebendig gefühlt. Ich war überzeugt: Wenn du aus so einer Phase herauskommst, wächst du – als Person, als Spieler, als Mannschaft, als Verein.
Dabei ist man nie vor Fehlern geschützt.
Ich habe viele Fehler gemacht. Ich erinnere mich an ein Spiel letztes Jahr, entscheidend in der EuroLeague, zuhause gegen Fenerbahçe. Erste Halbzeit: katastrophal. Ich stürmte in die Kabine, habe Andi Obst, Carsen Edwards und Vladimir Lucic angebrüllt – mit unsere wichtigsten Spieler, ich dachte, ich müsste sie provozieren, um eine Reaktion zu bekommen. Der Trainer stand draußen, die ganze Halle hat gewartet, und ich tobe da drin herum. Dann bin ich nach Hause gegangen. Ich habe mich geschämt. Eine Woche später habe ich mich vor der Mannschaft entschuldigt und 1.000 Euro Strafe gezahlt.

Wurde das Spiel noch gedreht?
(lacht) Nein. Aber wir haben das nächste Spiel gegen Belgrad gewonnen – durch mannschaftliche Geschlossenheit. Ob das mit meiner Aktion zu tun hatte? Keine Ahnung. Ich habe oft emotional und aus dem Bauch heraus gehandelt, aber immer im Sinne des Vereins. Ich wollte, dass die Leute sehen: Da ist jemand, der das ernst meint, der da ist – morgens, abends, immer. Manchmal wollte ich provozieren – aus positivem Antrieb, um zu zeigen, dass mir etwas wichtig ist. Ich weiß nicht, ob das heute noch modern ist. Aber bei uns entstand eine Kultur des Vertrauens. Und das ist das Entscheidende. Wir alle werden älter – aber diese Kultur, dieses Miteinander, das muss bleiben.
Die Bayern-Basketballer sind gemeinsam erwachsen geworden – der Verein wie die Mitarbeitenden.
Bis 2018/19 waren wir im Grunde ein Start-up. Wir sind „learning by doing“ gewachsen. Unsere Mitarbeitenden kannten gerade damals keine Arbeitszeiten. Wir haben im Büro geschlafen, wenn es sein musste. Das war die erste Phase, mit Uli Hoeneß als Visionär und Bernd Rauch als Antreiber. Die zweite Phase begann mit Herbert Hainer. Zum Glück hatte der Verein immer zur richtigen Zeit die richtigen Leute, und mit Hainer kam über seine große Erfahrung als CEO von adidas noch mehr Strategie rein. Diese Erfahrungen aus den ersten Jahren wurden in eine Struktur gegossen. Wir sind nun ein „richtiger“ Verein mit mehr Planbarkeit.

„Es gibt keinen besseren Gesellschafter für die Zusammenarbeit“
Als Du noch selbst gespielt hast – welchen Stellenwert hatte Basketball damals in München?
Als ich 1993 als Jugendlicher die EM-Spiele besucht habe – mein Vater Svetislav war damals Bundestrainer – war in meiner Erinnerung der Olympiapark Basketball. Aber es wurde nicht geschafft, den Sport dauerhaft zu etablieren. Fragt man mich heute, auf was ich am meisten stolz bin bei Bayern, sind es nicht die Titel. Für mich ist es, dass jetzt im Olympiapark und im BMW Park regelmäßig Basketball gespielt wird und dass München eine starke Basketball-Community hat. Ich wusste immer: München hat eine Basketballkultur. Es gab Leute, es gab eine Szene – aber es gab keinen Profibasketball. Jetzt wird der Sport hier gelebt, und mit das Schönste: Du siehst so viele Kinder und Jugendliche. Hier wächst was heran.
Wie blickst Du auf fast 15 Jahre Bayern zurück?
Ich bin unglaublich dankbar und überlege die ganze Zeit, was ich dem Verein schenken kann – wirklich. Was kann ich zurückgeben? Denn du kannst so gut sein, wie du willst, du kannst Harvard gemacht haben – in München heißt das noch lange nicht, dass du die Chance bekommst. Ich denke oft an dieses erste Gespräch mit Uli Hoeneß… hätte er gesagt: „Lass mich in Ruhe mit deinem Basketball“, wäre nichts passiert. Was ich hier erleben durfte, ist pures Glücksgefühl. Und eines muss ich auch klar sagen: Ich bin im europäischen Basketball gut vernetzt. Wenn ich mir anschaue, wie meine Kollegen arbeiten – es gibt aus meiner Sicht kein besseres Präsidium und keinen besseren Gesellschafter für die Zusammenarbeit als hier bei Bayern.
Kannst Du das bitte näher ausführen . . .
Ich hätte anfangs wohl fünf Mal meinen Job verloren, wenn da einer gesessen hätte, der keine Ahnung von Sport hat. Aber Uli Hoeneß versteht die Mechanik eines Vereins und weiß, wie man etwas aufbaut. Natürlich hat er sonntags angerufen und gefragt: „Warum habt ihr in Hagen verloren?“ oder „Warum war die Halle nicht voll?“ oder „Warum habt ihr nicht den Spieler XY geholt?“ Aber es war nie destruktiv. Er wollte es wissen, es verstehen. Und daraus entstand: „Okay, wie lösen wir das?“ Und dann kam Herbert Hainer. Er hat verstanden: Sport ist nicht nur das Ergebnis von heute, sondern braucht ein stabiles Fundament. Der Verein muss funktionieren – auch wenn du mal nicht gewinnst. Dafür brauchst du einen Plan. Ich habe Adrian und den anderen gesagt: Ihr habt Glück, dass ihr solche Gesellschafter habt. Es könnte auch jemand sein, der sagt: „Das ist unser Geld, was machst du damit?“

Du hast vor sechs Jahren in „51“ gesagt: „München muss der Basketball-Hub Europas werden.“ Wo stehen wir heute mit dieser Vision?
Viel weiter, als ich damals geahnt habe. Am FC Bayern Campus wird ein Performance Center gebaut. Wenn das 2028 eröffnet wird, wird kein Basketball-Verein in Europa infrastrukturell besser aufgestellt sein als der FC Bayern. Das ist wichtig, weil sich die Branche ändern wird. Die Vereine, die eigene Hallen haben, werden Geld verdienen. Die anderen bekommen Probleme. Wenn du zwei Hallen hast – eine gehört dir, die andere nicht –, aber die Spieltage gehören dir, dann ist das deine Prunkstraße ins Glück. Viele Events denken schon heute nach, nach München zu kommen. Kinder kennen auf der Straße inzwischen Andi Obst und Vladimir Lucic. Diese Vision „Drehkreuz des europäischen Basketballs“ kannst du nicht nur an Titeln messen. Es geht darum, dass Basketball überall mehr und mehr im Stadtbild auftaucht.
Ein anderes Zitat lautet: „Wir sind der freche Bruder vom großen Bruder.“ Wie laut, wie frech darf und muss der FC Bayern Basketball sein?
Uli Hoeneß hat in seiner Abschiedsrede als Präsident mal gesagt, der FC Bayern sei ein großer Tanker – wir sind das Schnellboot, das auch mal vorfährt und schaut: Was ist da eigentlich? Ich glaube sogar, dass nicht nur wir vom Fußball bei manchen Dingen gelernt haben, sondern auch umgekehrt.
Was hältst Du davon, wenn man Dich „Mr. FC Bayern Basketball“ nennt?
So sehe ich mich nicht. Vielleicht heißt es in zehn Jahren an mancher Stelle: „Das hat Marko gemacht.“ Aber ich sage: Unser Office war immer das Fundament – für den Verein und auch für mich.
Was war der perfekte Moment in 15 Jahren FC Bayern Basketball?
Die Eröffnung des SAP Garden – mit der Vorgeschichte der 48 Stunden davor, als wir die Stühle noch selbst aufgestellt haben. Wir hatten eine neue Zeitrechnung eingeläutet. Sportlich fällt mir 2020/21 ein, als wir uns während Corona für die EuroLeague-Playoffs qualifiziert haben. Die Pandemie war für mich „Nettosport“ - keine Zuschauer, keine äußeren Umstände. Da siehst du, wer wirklich wer ist. Es war interessant, dass Bayern in dieser Netto-Phase im Fußball wie Basketball die besten Ergebnisse erreicht hat. Weil es da um Struktur geht: Wie ist das Fundament? Die Fußballer wurden Meister und Champions League-Sieger – wir hätten gegen Mailand mit dem letzten Wurf ins Final Four kommen können. In dieser Netto-Sport-Phase hat der FC Bayern als Gesamtverein seine ganze Stärke gezeigt. Ein Zeichen: Der Klub ist sauber, ehrlich, gut aufgestellt. Alles andere ist Beiwerk. Man vergisst das schnell. Aber in dieser Zeit hat man gesehen, was dieser Verein kann.
Und die dunkelsten Momente?
Als bei Paul Zipser zu Beginn der BBL-Playoffs ein Tumor festgestellt wurde - das kam völlig aus dem Nichts – wurde alles andere ganz klein. Ich habe mir damals gedacht: Eigentlich sollten wir gar nicht mehr spielen. Es war unmöglich.
Was wünschst Du dem FCBB für die Zukunft?
Dass der Verein organisch weiterwächst. Nicht künstlich, sondern natürlich – sonst lieber gar nicht. Je größer man wird, desto größer ist die Gefahr, dass die Identifikationskultur verloren geht. Der FC Bayern Basketball darf kein anonymer Arbeitgeber im Sport werden. Man sollte nicht einfach immer mehr Mitarbeitende einstellen, sondern klug wachsen. Qualität und Motivation müssen erhalten bleiben. Wir haben in den vergangenen Jahren enorm in Infrastruktur investiert – und ab nächster Saison sind, bis auf das Performance Center, alle Investitionen abgeschlossen: Der BMW Park, der SAP Garden – alles fertig. Das heißt: Der Verein ist wirtschaftlich so stabil aufgestellt wie kaum ein anderer. Seriös, ausgewogen zwischen Einnahmen und Ausgaben. Das ist eine exzellente Basis, um sportlich den nächsten Schritt zu machen und sich oben zu etablieren. Ich wünsche mir, dass der Verein seine Identität bewahrt und seine Rolle in München und sie im gesellschaftlichen Engagement weiter ausbaut. Man sieht ja, wie viele Kinder und Jugendliche heute durch Basketball zum FC Bayern kommen. Wenn das gesund weiterwächst, ist das der richtige Weg – egal, ob man jedes Jahr Titel holt oder nicht.
„Die Fans können stolz und optimistisch sein“
Was möchtest Du den Fans zum Abschluss sagen?
Fans dürfen natürlich kurzfristig enttäuscht sein, wenn ein Spiel verloren geht. Aber wenn sie langfristig sehen, was hier alles passiert, können sie stolz und optimistisch sein. Kritik ist wichtig, die Meinung der Fans ist wichtig – und sie wird auch angenommen, selbst wenn sie nicht immer sofort umgesetzt wird. Und ich bin sicher: München liebt Basketball. Das sieht man, das spürt man.
Und was bleibt ganz persönlich nach all den Jahren?
Ich bin reifer und erfahrener geworden. Der Verein hat mich geprägt, aber er hat mir gleichzeitig die Freiheit zugestanden, mich auszuprobieren, Ideen umzusetzen. Er hat mir immer ein Dach über dem Kopf gegeben – mir und meiner Familie. Das werde ich nie vergessen.
Bei der Frage nach Deinem größten Talent neben Basketball hattest Du bisher nie eine Antwort. Jetzt?
(lacht) Vielleicht finde ich sie jetzt. Als ich auf der Jahreshauptversammlung Ehrenmitglied wurde, nannte mich Herbert Hainer einen „Basketball-Idealisten“. Das hat mir gefallen. Ich werde dem FC Bayern immer zur Verfügung stehen, solange Basketball für den Basketball gemacht wird und nicht nur, um vom Basketball zu leben. Ich will helfen, die Sportart weiterzuentwickeln. Mich interessiert das große Ganze: dass Basketball in Deutschland wächst, dass Menschen dafür brennen. Gemeinsam haben wir es geschafft, Basketball in München zu einer „sexy“ Sportart zu machen. Das muss der Verein weiterführen.
Welcher Marko Pesic ist damals zum FC Bayern gekommen – und welcher tritt jetzt ab?
Ich kam als Rookie. Es war unfassbar, dass man mir überhaupt diese Chance gegeben hat. Ich scherze immer: Sie haben mir die Chance wohl gegeben, weil sie gar nicht geglaubt haben, dass das wirklich funktioniert, und meine Motivation war immer: Doch, das schaffen wir! Jetzt gehe ich als jemand, der es mit dem FC Bayern geschafft hat, dem Verein einen Namen im europäischen Basketball zu geben. Als Spieler ist alles endlich. Was mir aber jetzt bleibt, all die Erfahrungen, die Menschen, die ich kennenlernen durfte – das ist nachhaltiger. Ich bin durch den FC Bayern zu dem geworden, der ich heute bin.
(Das Interview wurde für das FCB-Magazin „51“ geführt.)
